Stachelspinnen (Gasteracantha)
Diese Spinnen-Gattung bekommt wegen ihrer Außergewöhnlichkeit ein Extra-Kapitel. Schon allein wegen
ihrer farbenfrohen Muster auf dem Rücken wirken sie irgendwie besonders. Und als ob die
Beutefang-Strategie mit Netzen nicht schon raffiniert genug ist, setzen Stachelspinnen damit noch
einen
drauf:
Normalerweise benutzen Tiere Farben, um ihre Partner anzuziehen. Bei räuberischen Arten sind bunte,
kontrastreiche Zeichnungen eher selten, da die auffälligen Muster potenzielle Beute auf den
lauernden
Räuber aufmerksam machen könnten. Sehr wahrscheinlich sollen aber die Farbmuster auf dem Rücken der
Stachelspinnen die Farbe von Nahrungsquellen wie zum Beispiel von Blüten imitieren.
Ebenso reflektieren die Muster ultraviolette Strahlung stark. Dieses Licht wirkt wiederum auf viele
Fliegen und Moskitos anziehend. Entsprechend bauen sie ihr Netz leicht schräg und setzen sich dann
auf
die Unterseite ihrer Wohnstätte. Der bunte Rücken zeigt also zum Boden. So dienen die Sonne und die
umliegende Vegetation als Tarnung für das Netz. Und je bunter der Rücken, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit, dass sich Opfer im Netz verfangen.
Genau wie bei den meisten Spinnenarten ist der Geschlechtsdimorphismus stark ausgeprägt. D.h. nur
die
Weibchen sind um ein Vielfaches größer und bunter als die Männchen. Letztere verfügen also nicht
über
die beschriebenen zusätzlichen Vorteile beim Beutefang.
Springspinnen (Salticidae)
Diese Spinnenfamilie ist wegen ihrer Jagdstrategie hervorzuheben. Sie lauern nämlich auf Beute und
springen sie an, Netze werden nicht gebaut. Dazu ist ihr Seh- und Geruchssinn im Vergleich zu
anderen
Arten besonders gut ausgeprägt. Ihren Spinnfaden nutzen sie bei Sprüngen zur Absicherung, ähnlich
einem
Bergsteiger. Die Körpergröße übersteigt selbst bei tropischen Arten selten 2 cm. Spinnen-Phobiker
brauchen also keinen Biss befürchten, der die Haut durchdringen kann. Wegen ihrer Wendigkeit und
großen
Augen wirken sie sogar irgendwie putzig und sind beliebt bei Züchtern. Im südostasiatischen Raum
sind
häufiger farbenfrohe Arten anzutreffen.
Ein bemerkenswertes Verhalten lässt sich bei der Gattung Portia beobachten: Sie zeigen bei der Jagt
auf
andere Spinnenarten ein reiches Repertoire von Listen und Gaunereien. Zunächst mal sieht Portia
überhaupt nicht aus, wie eine Spinne, sondern eher wie ein Fetzen von etwas, das versehentlich im
Netz
hängenbleibt. Auf diese Weise verbirgt sie sich vor ihren Feinden, den Vögeln, und auch vor ihrer
Beute.
Unbemerkt schleicht Portia sich ins Gespinst einer fremden Spinnenart und versetzt es in
Schwingungen.
Die Residentin deutet das Zucken als Gestrampel eines Insekts, das sich in den Fäden verstrickt hat,
und
eilt herbei. ist sie nah genug, schlägt Portia zu.
Da Netzspinnen sich beim Fang nicht auf ihre Augen, sondern auf die Signale ihrer Seide verlassen,
spielen Springspinnen auf deren Fäden wie auf einer Harfe. Trickreich schaffen sie es, zahlreiche
Spinnenspezies zu täuschen und aus dem Hinterhalt Arten zu erlegen, die doppelt so groß sind wie
sie. Es
ist erstaunlich, wie Portia ihre gezupften Beute-Vibrationen exakt auf die Spezies einstellt, die
sie
überlisten will. Ja, dass sie sogar Windbewegungen abwarten, um ihre eigene Bewegung zu
verschleiern.
Springspinnen liefern also beispielhaft den Beweis dafür, dass es falsch ist, eine vermeintlich
einfaches Tier zu unterschätzen. Das winzige zentrale Nervensystem von Portia reicht offenbar völlig
aus
für räuberische Strategien, die wir eher von einer Katze oder einem Hund als von einer Spinne
erwartet
hätten.