Heikle Situationen gibt es permanent. Ab-, Ausrutschen, Hinfallen sind kaum vermeidbar und müssen toleriert werden, möglichst unverletzt.
Touristen hüllen sich aus Sorge vor Insekten ein, trotz schwül-warmer Verhältnisse. Der heimische Guide bevorzugt es traditionell.
Der Untergrund vom Iwokrama-Wald im Flutungsgebiet des Essequibo während der Trockenzeit bleibt sumpfig.
Sofern sich die Möglichkeit ergibt, sind kleine Fluss- oder Bachläufe, die sich als Weg nutzen lassen, eine einfache und damit beliebte Trekking-Variante im Regenwald.
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Hier gebe ich ein paar allgemeine und hilfreiche Tipps, zu Bedingungen, auf die man sich im Regenwald
einstellen muss und zur Packliste. Sie beziehen sich eher auf größere, mehrtägige Touren und sind
nicht als verbindlich oder vollständig auszusehen, sondern basieren auf meinen persönlichen
Erfahrungen.
Auf welche Unannehmlichkeiten sollte man im Regenwald gefasst sein?
Unerfahrene müssen sich darüber im Klaren sein, dass Regenwald-Trekkingtouren definitiv nichts mit
Wanderungen in heimischen Wäldern gemeinsam haben. Mal geht es hüfttief durchs Wasser, mal durch
Schlamm- und Sumpfgebiete, dann wieder kletternd oder balancierend voran. Es ist somit ein
permanenter Wechsel der Bedingungen und Anforderungen. Die Bewältigung einer 1km-langen Strecke
(Luftlinie) kann wegen vieler Hindernisse und Umwege mehrere Stunden dauern. Aber die Dauer sollte
relativ egal sein, denn der Weg ist das Ziel. Dabei können hauptsächlich Mücken, Blutegel und
manchmal aggressive Ameisen zum Teil sehr unangenehm in Erscheinung treten.
Auch längere Zeit der Dauernässe ausgesetzt zu sein, ist alles andere als angenehm. Z.B. nach einem
Marsch im Regen, wenn man anschließend keine Trocknungsmöglichkeit findet und das Gepäck ebenfalls
durchnässt ist. Feuchtes organisches Material (Baumwolle) kann dann im Rucksack schnell
schimmeln.
Wer im gewohnten Leben Wert auf ein gepflegtes Äußeres legt und das auch von seinen Mitmenschen
erwartet, muss imstande sein, während einer Trekkingtour darauf zu verzichten. Klar sollte auch
sein, dass man den Regenwald nicht zum Zweck kulinarischer Höhenflüge durchquert.
Über welche körperlichen Voraussetzungen sollte man verfügen?
Unter den gegebenen schwül-warmen Bedingungen sind Sportlichkeit, Beweglichkeit und eine gute
körperliche Konditionierung die wichtigsten Grundvoraussetzungen für derartige Aktivitäten, denn es
geht oft nur kletternd, kriechend, balancierend oder hängend voran. Ausdauersportler und Personen
mit Kletter-Erfahrungen sind hier klar im Vorteil. Schlecht konditionierte Personen kann ich von
solchen Vorhaben nur abraten! Zudem steigt die Verletzungsgefahr.
Welche Körperhygiene-Anforderungen sind zu beachten?
Obwohl, je nach Anstrengung, unter schwül-warmen Verhältnissen schnell und viel geschwitzt werden
kann, muss man nicht automatisch stinken. Voraussetzung dafür ist, dass Luft an die Haut kommt. Also
am besten immer so viel Haut wie möglich unbedeckt lassen (Einheimische machen's vor). Während der
Tour zugefügte Verschmutzungen lassen sich ebenfalls mit Wasser leicht entfernen. Fazit: Die Haut
braucht nur Wasser und Luft. Sämtliche sogenannte Körperpflegeprodukte oder Deos sind eigentlich
vollkommen überflüssig.
Welche Dinge sollte man auf einer Regenwald-Trekkingtour dabei haben?
Meine Empfehlungen zur Ausrüstung und Kleidung sind unvollständig und müssen selbstverständlich noch
individuell ergänzt werden.
Man kann mitsamt seinem Rucksack im Wasser hinfallen oder im Starkregen weicht alles durch, trotz
Regenschutzhülle. Daher gehört ein wasserdicht verschließbares Behältnis ins Gepäck.
Geschlafen habe ich in einem Innenzelt aus Mesh-Gewebe (Netz) und war somit vor lästigen Insekten
oder anderen ungebetenen Tieren geschützt. So etwas dabei zu haben, würde ich dringend empfehlen.
Ebenso ist an Jodsalbe und/oder -lösung, Pinzette, Pflaster, Trinkflasche, Micropur zu denken.
Oft wird empfohlen, dass man sich von oben bis unten mit imprägnierter Schutzkleidung einhüllen
sollte. Wie es sich damit unter reellen Bedingungen anfühlt, wird jedoch nicht erwähnt, nämlich
schnell unerträglich. Stattdessen habe ich mich am Vorbild der Einheimischen orientiert: Minimal
bekleidet. Kurze und bequeme Polyester-Kleidung, die man theoretisch nie ausziehen muss, zumindest
bei häufigem Wasserkontakt. Als sehr praktisch erwies sich eine Badeshorts mit eingearbeiteter,
netzartiger Unterhose und ein ärmelloses Oberteil. Baumwollsachen trocknen ohne Sonne nie!
Wie schützt man sich vor lästigen Insekten im Regenwald?
Helfen Insektenschutzmittel wie z.B. Nobite, Autan und andere?
Ich habe alle Mittel während meiner Touren benutzt. Ergebnis kurz und knapp: Unwirksam! Weil man
unter schwül-warmen Verhältnissen viel schwitzt, verpufft die Wirkung offenbar sofort. Vermutlich
ist das der Grund. Es bleibt aber länger wahrzunehmender penetranter Chemie-Geruch. Jedenfalls
stechen die Mücken trotzdem. Als hoch wirksames Mittel hat sich aber Qualm oder Rauch erwiesen. Ich
bin zwar nicht fürs Rauchen, jeder unserer Guides hat aber ständig geraucht. Und im provisorischen
Lager vertreibt dann der Rauch vom offenen Feuer die Mücken.
Wie schon erwähnt, besteht die Möglichkeit, während einer Tour sogenannte Funktions- bzw.
Schutzkleidung zu benutzen. Sie kann tatsächlich vor lästigen Insekten schützen, Blutegel können
aber trotzdem einen Weg auf die Haut finden. Ein weiterer Vorteil besteht im Schutz vor kratzender
oder dorniger Vegetation. Leider hat eine solche Ausstattung auch Nachteile: Längeres konsequentes
Tragen stellt unter feucht-warmen Bedingungen eine Zumutung dar und verdirbt somit jeden
Aufenthalts-Genuss, den ich ja eigentlich in Verbindung mit der Natur erleben möchte. Letztendlich
muss jeder für sich selbst einschätzen, wie weit er/sie sich schützen will.
Welches Schuhwerk für Regenwald-Touren?
Das beste Schuh-Equipment erweist sich unter Regenwald-Bedingungen als unbrauchbar, weil der
Untergrund meistens eine Kombination aus wässrig, schlammig oder glitschig darstellt. Schuhe sind
somit schnell komplett voll gefüllt und durchnässt, zumal nichts trocknet. Auch lässt sich aufgrund
der eingeschränkten Sensorik durch eine Gummisohle schlecht wahrnehmen oder einschätzen, wie viel
Halt ein rutschiger Untergrund bietet.
Letztendlich stellt Barfuß die beste Schuh-Alternative dar, wie es Einheimische ohnehin vormachen.
Mit einer sehr angebrachten Aufmerksamkeit kann man auch ohne größere Blessuren vorankommen. Es
fühlt sich sogar angenehm und befreiend an. Die sonst ungenutzte Fußmuskulatur und -sensorik kann
hierbei zum vollen Einsatz kommen.
Oft sieht man auf Fotos, dass bei Regenwald-Touren Gummistiefel benutzt werden. Das funktioniert,
solange kein tieferes Gewässer durchquert werden muss. Wie es sich in solchen Stiefeln unter
feucht-warmen Bedingungen nach kurzer Zeit anfühlt, muss ich wohl nicht erläutern.
Auch verschiedene, wassertaugliche "Mehrzweck-Sandalen" kamen bei mir zum Einsatz. Sie bieten einen
guten Kompromiss für alle Aktivitäten im normalen, trockenen Terrain. Aber sobald Schlamm (sehr
feines, halb zersetztes pflanzliches Material) ins Spiel kommt, versagen auch sie. Schlamm hat
nämlich Schmierseifen-Eigenschaften. Er setzt sich in jede Ritze, vor allem zwischen Fuß und
Fußbett, was normales Gehen dann unmöglich macht.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, von gefährlichen Tieren gebissen zu werden?
Es besteht das hartnäckige Vorurteil, dass man im tropischen Regenwald ständig von bissigem Großwild
oder Gifttieren bedroht wird. Zudem ist es ein Irrglaube, dass von Tieren am Boden die meisten
Gefahren ausgehen. Diese sitzen meist gut getarnt auf Ästen und sind nachtaktiv. Gefährlichere Bisse
sind wirklich selten. Relevant sind tatsächlich nur Mücken, Blutegel und manchmal Ameisen und von
allen Seiten.
Welche Infektionsprophylaxe ist sinnvoll?
Es ist kein Geheimnis, dass von tropischen Regionen auch eine zusätzliche Infektionsgefahr ausgehen
kann. Mit dieser Erkenntnis möchte ich weder Ängste noch Vorurteile schüren, sondern nur die
nüchterne Betrachtung des Sachverhalts. Allein die Liste möglicher Infektionsrisiken während eines
Brasilien-Aufenthalts könnte abschreckend wirken: Malaria, Dengue-Fieber, Oropouche-Fieber,
Gelbfieber, Chikungunya-Fieber, Leishmaniasis.
Von offizieller Seite (Tropeninstitut, Auswärtiges Amt) werden daher Prophylaxemaßnahmen angeraten
und sogar deren Nachweis in manchen Ländern bei der Einreise verlangt.
Die beste, einfachste und effektivste Maßnahme ist die Expositionsprophylaxe, insbesondere abends
und nachts, durch konsequente Nutzung von Moskitonetzen.
In meinem Fall muss ich gestehen, mit den Infektionsgefahren eher leichtsinnig umgegangen zu sein.
So entschied ich mich oft bewusst gegen jede Impf- bzw. Chemoprophylaxe und hatte offenbar immer
Glück, trotz unzähliger Mückenstiche. Damit will ich mich auf keinen Fall rühmen, möchte aber zu
bedenken geben, dass zahlreiche Menschen dauerhaft dort leben, die auch ohne Prophylax klarkommen
(müssen).
Über die einzelnen Infektionen und Krankheitsbilder gibt es im Netz zahlreiche Informationen,
weshalb ich hier nicht darauf eingehe. Wie bei jeder anderen Infektion auch, können die jeweiligen
Verläufe unterschiedlich ausgeprägt sein, selten schwer oder tödlich. Wovon das abhängt, weiß
niemand so genau, ist häufig multifaktoriell. Relativ sicher ist, dass bei fitten, gesunden Personen
die Wahrscheinlichkeit für milde bis symptomlose Krankheitsverläufe steigt, weil eine unspezifische
Immunabwehr besser funktioniert.
Letztendlich muss jeder selbst entscheiden, welche Prophylaxemaßnahmen für ihn infrage kommen. Am
sinnvollsten für Amazonien halte ich Gelb- und Dengue-Fieber-Impfungen.
Ich möchte noch auf die negative Wirkung von Klimaanlagen hinweisen, sofern eine Unterkunft
überhaupt damit ausgestattet ist. Nach meinen Erfahrungen fördern sie Erkältungen. Und selbst durch
eine leichte Erkältung wird das Immunsystem beansprucht, welches dann auf die ernsteren, oben
genannten Tropenkrankheiten möglicherweise nicht oder nicht mehr so gut reagieren kann. Daher sollte
man sie abschalten, trotz eines vermeintlich angenehmen Empfindens.
Wie kann man sich im dichten Dschungel orientieren?
Orientierung für Unerfahrene erscheint praktisch unmöglich. Daher muss ich dringend davon abraten,
allein loszuziehen. Mal abgesehen von kleineren Eigen-Exkursionen auf überschaubaren Inseln oder in
Siedlungsnähe mit erkennbaren Wegen. Ich war ansonsten nie ohne ortskundige Guides unterwegs.
Verhalten beim Verirren im Regenwald
Sollten Sie einmal - aus welchem Grund auch immer - in die ernste und gefährliche Situation der
Orientierungslosigkeit im Regenwald-Terrain geraten, können die folgenden Verhaltensregeln hilfreich
sein:
Die oberste Priorität ist, Ruhe zu bewahren und keine überstürzten Handlungen vorzunehmen. Die
Chance, auf eigene Faust den Weg zurückzufinden, ist im dichten, weglosen Urwald extrem gering und
das Risiko, sich weiter zu verirren oder zu verletzen, sehr hoch. Sofort anhalten! Auch wenn die
Versuchung groß ist, weiterzugehen, umso tiefer verirrt man sich. Panik ist der größte Feind. Atmen
Sie tief durch. Nachdenken! Was ist die letzte Erinnerung? Versuchen Sie, sich an die Richtung zu
erinnern, aus der Sie kamen (z.B. Stand der Sonne, Geräusche, markante Bäume). Dies ist im dichten
Regenwald jedoch extrem schwierig. Welche Ausrüstung ist vorhanden? Machete, Wasser, Essen,
Erste-Hilfe-Set, Handy (evtl. kein Empfang), Feuerzeug/Streichhölzer. Die Machete wäre das
wertvollste Werkzeug. Beobachten! Uhrzeit/Lichtverhältnisse. Die Dämmerung setzt schnell ein. Gibt
es irgendwelche Anzeichen von Wasser (Flussrauschen, feuchter Boden)? Gibt es Anzeichen von
Wildwechsel, die möglicherweise zu Wasser führen? Wartepunkt einrichten! Suchen Sie einen leicht
erhöhten, trockenen und gut sichtbaren Platz (sofern möglich). Nutzen Sie ggf. die Machete, um
Schutz vor Regen, Insekten und Bodenfeuchtigkeit zu bauen (z.B. aus großen Blättern, Ästen). Ein
einfacher, erhöhter Schlafplatz ist besser als auf dem feuchten Boden. Wenn möglich, versuchen Sie
ein Feuer zu machen. Es dient als psychologische Stütze, zum Vertreiben von Insekten und vor allem
als Rauchsignal. Sammeln Sie Regenwasser oder suchen Sie einen sicheren Weg zu einem fließenden
Gewässer. Passives Warten & Signale setzen! Wenn Sie den Lagerort verlassen müssen (z.B. wegen
Wassermangel), markieren Sie Ihren Weg extrem deutlich (Baumstämme behacken, Kleidungsstücke
aufhängen) und kehren Sie zum Wartepunkt zurück. Machen Sie den Lagerplatz durch das Wegschlagen von
Laub und Ästen um ihn herum gut aus der Luft sichtbar. Beschäftigen Sie sich (z.B. durch das
Verbessern des Lagers), sprechen Sie miteinander (falls zu zweit), um die Moral
aufrechtzuerhalten.
Die allerwichtigste und sinnvollste Verhaltensweise für absolut unbedarfte und orientierungslose
Personen ist, AN ORT UND STELLE ZU BLEIBEN und sich bemerkbar zu machen. Sie werden wahrscheinlich
irgendwo erwartet oder vermisst, so dass eine Suchaktion gestartet wird, die zuerst an der zuletzt
bekannten Position ansetzt. Jede Bewegung, die Sie von diesem Punkt wegführt, verringert die
Wahrscheinlichkeit, dass Sie gefunden werden.
Unter solchen, nicht seltenen Umständen helfen auch Gummistiefel nicht weiter
In illustrer Runde mit "Survival-Experten" ohne ortskundigen Guide durch den Urwald. Eine hochriskante Aktion zu Selbstinszenierungs-Zwecken mit viel Alkohol – nicht meine Zielgruppe!
Im gebirgigen Gelände ist Ganzkörper-Einsatz gefordert