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Die Bedeutung indigenen Wissens zur die Förderung der Biodiversität
Indigene Völker, ich meine ausdrücklich solche, die sich der Einflussnahme durch unsere moderne Welt
bisher widersetzen konnten, leben im Einklang mit der Natur. Sie haben über Generationen Wissen und
Praktiken entwickelt, um den Wald tatsächlich nachhaltig zu nutzen und zu schützen. Ihr Wissen über
Pflanzenkunde, nachhaltige Landwirtschaft und Naturschutz könnte von unschätzbarem Wert für die
Bewältigung der heutigen Umweltprobleme sein. Betonung “könnte”, denn die Realität sieht bekanntlich
anders aus.
Derartige Naturvölker mit Jäger- und Sammler-Lebensweise existieren noch im Amazonasgebiet, wo sie den
Wald zu ihrem Nutzen geformt haben. Schon ihre Vorfahren haben Bäume gesät, damit sie heute Nahrung und
Kleidung haben. Die Amazonas-Völker haben also die biologische Vielfalt entscheidend beeinflusst und
befördert.
Viele Teilgebiete des ursprünglich erscheinenden Amazonas-Waldes wären demnach das Ergebnis planvoller
menschlicher Handlungen.
Einige Baumarten, die mancherorts auffällig oft vorkommen wie z.B. Kakao, Acai oder Paranüsse, sind
deshalb so häufig, weil sie von Menschen gepflanzt wurden, die dort schon Jahrtausende vor dem
Eintreffen der europäischen Kolonisatoren lebten.
Offensichtlich haben die indigenen Bewohner den Amazonas-Regenwald zu ihrem Nutzen geformt. Was uns als
natürlicher Dschungel erscheint, wäre demnach auch das Ergebnis Jahrtausende langer menschlicher
Handlung. Jäger und Sammler zogen seit ewigen Zeiten durch das Amazonas-Flachland.
Ihr Leben hängt davon ab, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Baum zu sein und die Zeichen des Waldes
lesen zu können. Sie müssen dort sein, wenn die Bananen reif sind, wenn die kokosnuss-großen Früchte der
Paranüsse von den 50 Meter hohen Bäumen fallen, wenn die Ölfrüchte der Palmen reif sind.
Da das exakte Wissen über den Lebenszyklus der Bäume entscheidend für die Menschen ist, haben sie eine
nahezu wissenschaftlich anmutende präzise Namensgebung der Pflanzen in unterschiedlichen Lebenszyklen
entwickelt. So hat die Palme einen bestimmten Namen, wenn sie jung und noch nicht geschlechtsreif ist,
heißt anders, wenn sie die ersten Knospen entwickelt oder blüht, Früchte trägt oder dafür zu alt ist.
Auch die einzelnen Bestandteile eines Baumes von der Wurzel bis zur Blüte haben einen spezifischen
Namen. Die Naturvölker drücken damit nicht nur präzise aus, um was es sich handelt. Sie sagen auch, wie
man die Wurzel, Rinde, Frucht oder das Blatt nutzen kann. Und sie wissen genau, welches Tier am liebsten
welche Pflanze frisst – ein entscheidender Vorteil auf der Jagd. Der Baum ist für die Naturvölker ein
Lebewesen wie Mensch, Affe oder Tapir, in ständiger Entwicklung zwischen Geburt und Tod.
Sie sind Experten darin, die Zeichen vergangener menschlicher Aktivität in den Wäldern zu lesen und
schnell darin, Veränderungen im Wald einer breiten Palette von Akteuren zuzuschreiben. Sie merken also,
ob eine Herde Brüllaffen oder eine Gruppe Klammeraffen durch die Baumkronen geturnt ist.
Für ein realistisches Bild ist es wichtig zu bedenken, dass heutzutage bei den meisten Stämmen der
amazonischen Urbevölkerung die beschriebenen traditionellen Praktiken kaum noch relevant sind,
geschweige denn zur Anwendung kommen. Einige Riten werden zwar noch gepflegt und versucht zu erhalten,
doch längst regiert in den meisten Fällen der dominante Einfluss der modernen Welt mit der Macht des
Geldes. Die Konsequenzen sind leider klar und deutlich. Die Verantwortung für das Desaster tragen wir
alle, was ich mit diesem Artikel noch einmal verdeutlichen will (nicht ermutigend und schlechte Laune
machend, sorry).