Sozioökonomisches Dilemma
Individuell rationales Verhalten, Interessen oder Gewohnheiten stehen leider (zu) oft mit Gemeinwohl-Interessen im Konflikt, was zu kollektiv ineffizienten oder irrationalen Ergebnissen führt. Eine geteilte Ressource wird also durch individuelle Übernutzung ruiniert. Stark unterstützend wirken wirtschaftsideologische Maximen, machtpolitische Interessen, wissenschaftliche Forschung, technische Erschließung, die einander bedingen und in der Arroganz der Machbarkeit gegenüber der außermenschlichen Natur münden.
Wirtschafts- und Sozialdarwinismus
Obwohl die längst als überholt angesehene Teilaspekte-Übertragung vom Darwinismus auf menschliche Gesellschaften und insbesondere ihre Wirtschaftsökonomie, sind die Parallelen kaum zu leugnen. Es offenbart, wie unser gegenwärtiges Handeln sich mit dem Abbild der Regenwälder vergleichen lässt; eine Gegenwart, in der Menschenrechte und Humanismus wenig zählen, stattdessen Selbstsucht, Kriege und rigider Wirtschaftsdarwinismus Mittel zum Erfolg sind. Wir glauben, dass wir uns kraft unseres Bewusstseins von solchen Prinzipien der Evolution emanzipiert haben. Doch in unserem Verhalten - Mensch gegen Mensch, Mensch gegen Natur - sind wir mindestens so aggressiv wie Treiberameise und Lanzenotter.
⤷ Home / Alle Themen /
Die Mensch-Wald-Beziehung anthropologisch und philosophisch Betrachtet
Eine häufig erlebte Situation, während ich mich mit dem Boot auf einem ruhigen Fluss durch den
Regenwald bewege. Dabei fielen mir immer die grundsätzlich stark mit Vegetation zugewucherten
Waldrand- bzw. Uferbereiche auf. Ein Durchdringen ohne technische Hilfsmittel (Machete) und
Körpereinsatz erscheint hier aussichtslos. Als würde der Wald mir permanent signalisieren und
deutlich sagen wollen, “hier kommst du nicht rein, hier ist kein Platz für dich".
So bin ich zur Überlegung gekommen, ob Mensch und Regenwald ein Widerspruch ist? Trotz aller meiner
Regenwald-Faszinations-Bekundungen möchte ich einmal kritisch hinterfragen, inwieweit der Mensch
dort überhaupt hingehört oder hineinpasst. Angesichts einer vorherrschenden bedrückenden Enge und
weiteren ausladenden Faktoren sollte es doch logisch erscheinen, dass Menschen dort eigentlich
fehlplatziert sind. Nicht umsonst gelten derartige Gebiete als “unerschlossen oder unzugänglich"
Vor ca. 6 Millionen Jahren hat ein Klimaumschwung große Teile des Urwalds von Ostafrika verdörren
lassen. Nach bisherigem evolutionärem Erkenntnisstand waren unsere Australopithecinen-Vorfahren die
einzigen, die sich nicht westlich in die verbleibenden Wälder zurückziehen mussten. Es war ihnen
möglich, durch anatomische Anpassungsprozesse auch in der sich ausbreitenden Savanne zu überleben.
Sehr wahrscheinlich gab es Zwischenstufen, die mehr oder weniger an beide Umgebungen angepasst
waren. Diese Theorie gilt übrigens nach wie vor als ein Meilenstein der Anthropologie
(Mensch-Werdung). Ein weiterer evolutionärer Aspekt ist der mit dem verlorenen Fell:
Die tropische Klimazone ist bekannt für ihre dauerhaft hohe relative Luftfeuchte (95–100 %). Viele
Zeitgenossen aus heimischen Breitengraden empfinden das möglicherweise als unangenehm. Wesentlich
ist aber noch, zwischen feucht und nass zu unterscheiden, denn tatsächlich kann der Körper auch
unter tropischen Verhältnissen bei Dauernässe auskühlen, von ungünstigen Einflüssen auf die Haut mal
abgesehen. Menschliche Regenwald-Bewohner oder -Besucher sind daher gut beraten, sich davor zu
schützen, indem sie beispielsweise in ihren Behausungen verharren müssen, bis der Regen aufgehört
hat. Tierische Bewohner sind hierbei mit ihrem Fell klar im Vorteil. Das Wasser perlt bei ihnen
oberflächlich einfach ab oder sie brauchen sich nur zu schütteln.
Fortschreitender Entfremdungsprozess des Menschen von der Natur
Gemäß der oben angeführten Argumente spricht offenbar nicht viel für den Regenwald als Lebensraum
für Menschen. Trotzdem gab und gibt es Menschen, die sich mit den Regenwald-Bedingungen arrangieren,
ermöglicht durch Intelligenz und Anpassungsfähigkeit. Ich meine konkret letzte indigene Stämme, die
z.B. in bestimmten Gebieten des Amazonas zurückgezogen leben und sich sogar dem Kontakt mit der
modernen Zivilisation widersetzen.
Korrekterweise muss erwähnt werden, dass auch sie zunächst den Wald teilweise zerstören müssen, z.B.
für Behausungen, Ackerflächen usw. Ganz entscheidend ist aber das Maß, wie es für das Waldökosystem
vollkommen tolerabel ist. Man kann hier also ehrlich und tatsächlich von einer nachhaltigen
Lebensweise sprechen, die seit Jahrtausenden funktioniert!
Zum Thema passen noch die Beiträge ➔ Indigenes Wissen
und ➔ Regenwaldvölker.
Weitere und verwandte Themen

Regenwälder retten und erhalten
Ein kollektives Versagen!