Klimaeffekte der Regenwälder

Der kleine Wasserkreislauf

beschreibt die Bewegung des Wassers in einem begrenzten Gebiet, hauptsächlich durch Verdunstung und Evapotranspiration (Wasserabgabe von Pflanzen über Blätter), gefolgt von Kondensation zu Wolken und dem anschließenden Niederschlag. Ein Teil des Regens versickert, ein anderer Teil fließt zurück zu den Pflanzen, wodurch ein großer Teil das Wasser im Gebiet gehalten wird und der Kreislauf sich wiederholen kann. Die konstant hohen Temperatur-Bedingungen tropischer Regenwaldgebiete fördern zudem die Verdunstung. Die Bäume wirken dabei wie "schwitzende" Riesenfaktoren, die sich selbst kühlen und den Regen "herstellen". Letztendlich können mehr als drei Viertel des Wassers innerhalb des Ökosystems verbleiben, anstatt abzufließen.

Regenwald-Hydrologie

Die Bio-Regenmacher

Sauerstoffbilanz

Relevanz der Regenwälder als globale Sauerstoff-Produzenten

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Globale und Regionale Zusammenhänge

Regenwälder sind Wetterküchen, die weit über ihr Verbreitungsgebiet wirken. Von ihrem Wasserrecycling hängen ganze Ökosysteme und Millionen Menschen ab. Intakte Urwälder wie im Amazonasbecken schaffen sich einen Teil ihres Klimas selbst, indem sie Niederschläge recyceln und neuen Regen daraus erzeugen. Von diesem Kreislauf profitieren aber auch entfernt gelegenen Gebiete, die sonst weniger Wasser abbekämen.

Zwischen 25 bis 56 Prozent seines Regens erzeugt der Regenwald tatsächlich selbst, indem er vorherige Niederschläge recycelt. Ein Teil des Wassers verdampft schlicht nach Regen von Blattoberflächen oder Ästen, der größte Teil wird jedoch aktiv über die so genannte Evapotranspiration von den Gewächsen freigesetzt: Sie pumpen das Wasser aus dem Boden in den Kronenraum, wo es über die Spaltöffnungen verdunstet. Ein Urwaldriese kann derart bis zu 300 Liter Wasser pro Tag an die Atmosphäre abgeben, und ganz Amazonien produziert hochgerechnet jeden Tag etwa 20 Milliarden Tonnen Wasserdampf.

Luftmassen, die über dichten Wald ziehen, bringen doppelt so viel Niederschlag mit wie Luft, die über großflächig gerodete Gebiete streift. Und dieser Effekt ist noch weit entfernt von den eigentlichen Regenwaldgebieten zu spüren. Beispielsweise stammt in Brasilia ein Drittel des Regens ursprünglich aus Amazonien – obwohl die Landeshauptstadt über 1500 Kilometer südlich des zentralen Amazonasbeckens inmitten des Kontinents liegt. Atmosphärische Zirkulationen sorgen dafür, dass dieser Regeneffekt sogar bis Paraguay und ins südliche Brasilien nachweisbar ist. Und auch für Afrika südlich des Kongobeckens gilt die positive Fernwirkung des Urwalds. Die Lebensgrundlage unzähliger Menschen hängt von diesen Regenfällen ab.

Wo Wald ist, fällt auch Regen

Obwohl der Prozess der Evapotranspiration (Verdunstung) schon lange bekannt ist, blieb bislang unklar, ob und wie viel Niederschläge ein Ökosystem selbst erzeugen kann – auch wenn laut Beobachtung vieler Waldbewohner weltweit anekdotisch gilt, dass "wo Wald ist, auch Regen fällt". Demgegenüber standen allerdings fundierte Wetterbeobachtungen, die einen ganz anderen Zusammenhang belegten: Demnach kam in Rodungsinseln sogar mehr Nass vom Himmel als in umgebenden intakten Baumbeständen.

Verantwortlich hierfür ist ein kleinräumiges Zirkulationsschema: Kahles Weideland heizt sich schneller auf als der benachbarte Regenwald, wo die Evapotranspiration kühlt. Dadurch beginnt die Konvektion über der offenen Stelle zeitiger und schreitet schneller voran, so dass sich hier früher Wolken bilden. Gleichzeitig saugt das entstehende Hitzetief die kühlere, feuchtere Luft aus dem Waldinneren heraus, weshalb dort zum Ausgleich Luft absinken muss – was die Wolkenbildung hemmt. Diese Verschiebung gilt allerdings nur lokal und löst sich auf, je mehr Wald vernichtet und zu blanken Agrarflächen umgewandelt wird. Sobald der Feuchtigkeitsnachschub aus dem natürlichen Ökosystem nachlässt, gingen auch die Gesamtniederschläge zurück, weil die Luft immer wenig Nachschub aus dem Wasserrecycling erhält. Rund 60 Prozent der gesamten tropischen Landmasse profitieren von diesen Regenfällen.

Die Urwälder fungieren zudem als eine Art biologische Pumpe, die die globale Zirkulation mit antreiben: Wenn das von der baumreichen Vegetation ausgedünstete Wasser kondensiert, schrumpft das Volumen der lokalen Luftmasse, der Druck sinkt, und es entsteht ein Tief. Und da Wälder dank ihrer zahllosen Blätter mehr Wasserdampf freisetzen als die Ozeane, entsteht ein Druckgefälle vom Ozean zum Land, das beständig Nachschub an Feuchtigkeit herankarrt. Nur dadurch lässt sich erklären, dass es im Inneren des Kongos oder in West-Amazonien genauso viel oder sogar noch mehr regnet als in Küstennähe. In Südamerika strömt die mit Feuchtigkeit angereicherte Luft beispielsweise parallel zur Andenkette nach Süden ab und tränkt dadurch die zentralen Bereiche Südamerikas in Bolivien und Paraguay.

Wie wichtig dieser Effekt sein kann, zeigt sich zudem in der Sahelzone Westafrikas: Ursprünglich erhielt sie 90 Prozent ihrer Niederschläge aus dem Wasserrecycling, das im breiten Regenwaldgürtel an der Küste des Kontinents von Guinea bis Ghana stattfand. Die Vegetation bereitete dort den Regen immer wieder auf und leitete ihn so in das trockenere Landesinnere weiter. Mittlerweile ist die Pumpe jedoch erheblich ineffizienter, da die Urwälder größtenteils gerodet und durch Acker- oder Brachland ersetzt wurden. Auch das ist ein Grund, warum der Sahel in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit Dürrekatastrophen traurig auf sich aufmerksam machte.

Dieser Biorhythmus funktioniert also nur über ursprünglichen Waldgebieten, Plantagen aus Ölpalmen, Kakaobäumen oder anderen forstähnlichen Systemen können ihn nicht ersetzen. Das liegt zum einen an ihrer deutlich einfacheren Struktur. Regenwälder bestehen dagegen aus mehreren Stockwerken und weisen dadurch ein wesentlich vielfältigeres und umfangreicheres Blätterdach auf als die monotonen Baumreihen in Plantagen. Und die tausenden Baumarten können unterschiedlich tiefe Wasservorräte im Boden anzapfen und so für einigermaßen konstanten Nachschub aus dem Untergrund sorgen. Insgesamt verdunsten sie also mehr Feuchtigkeit als die eintönigen Pflanzungsreihen.

Rolle der Pilze

Nach und nach kommen die Geoökologen zudem dahinter, welch wichtige Rolle die biochemischen Prozesse des Ökosystems für das herrschende Wetter spielen. Es konnte gezeigt werden, wie Pilze in diesen Wasserkreislauf eingreifen. Wenn sie ihre Sporen freisetzen, stoßen sie gleichzeitig Kaliumsalze aus, die in der Atmosphäre als Kondensationskeime wirken. An sie lagern sich zuerst pflanzliche Moleküle wie Terpene an, die wiederum von Bäumen und anderen Pflanzen ausgestoßen werden. Schließlich kondensiert Wasserdampf an den entstehenden Kügelchen, die zu immer größere Tröpfchen heranwachsen, bis sie schließlich als Regen wieder zur Erde prasseln.

Die vorher kaum beachteten Pilze scheinen zudem eine Schlüsselrolle inne zu haben. Untersuchungen von herausgefilterten atmosphärischen Sporen-Partikel im Detail zeigten, dass von 77 Teilchen nur drei kein Kalium enthielten. Die Gewächse nehmen also direkten Einfluss auf die Anzahl und die Eigenschaften von Aerosolpartikeln in der Luft und somit auf die Bildung und Zusammensetzung von Nebel, Wolken und Niederschlag im Regenwald. Umgekehrt behindern die bei Brandrodungen entstehenden Aerosole wie Ruß oder Sulfatpartikel die Wolkenbildung und verringern damit die Menge an Niederschlägen. In trockenen Jahren verschärft dieser Prozess Dürren, wie sie Amazonien 2005 und 2010 heimgesucht hatten.

Beginnt die Pumpe zu stottern? Ohnehin ist die Rodungstätigkeit problematisch. Denn der Mechanismus gerät außer Takt, wenn der Wald durch offenes Weideland oder Felder ersetzt wird. Bereits heute hat sich der Wasserdampf-Ferntransport auf den Kontinenten um mindestens fünf Prozent reduziert, weil große Regenwälder abgeholzt wurden. Austrocknungstendenzen im Zentrum und Süden Brasiliens lassen sich eindeutig auf die Entwaldung in den Bundesstaaten Mato Grosso und Para zurückführen.

Prognosen zufolge könnten bis 2050 bis zu vierzig Prozent Amazoniens gerodet worden sein. Tritt dieses Szenario ein, würden die Niederschlagsmengen im südlichen Amazonien um mehr als ein Zehntel während der saisonalen Regen- und um ein Fünftel während der Trockenzeit sinken. Selbst im Einzugsgebiet des entfernt gelegenen Rio de la Plata in Argentinien wäre der Rückgang noch spürbar – mit allen Konsequenzen für die verbliebenen natürlichen Ökosysteme und die vom Regen abhängige Landwirtschaft. Die Folgen wären nicht nur lokal spürbar, sondern in globalem Ausmaß. Vor allem wenn es einen der Brotkörbe der Welt betrifft.

Isoprene, Terpene

sind Trivialnamen für eine Vielzahl von natürlichen Verbindungen, die sich chemisch alle von dem ungesättigten Kohlenwasserstoff 2-Methylbuta-1,3-dien ableiten lassen, einem Derivat des 1,3-Butadiens. Isopren ist also immer ein- oder vielfach als Grundeinheit “verbaut”. Neben zahlreichen isoprenoiden nichtflüchtigen sekundären Pflanzenstoffen (z.B. ätherische Öle) werden die gasförmigen Isoprene in die Erdatmosphäre abgegeben. Es sind die Kohlenwasserstoffe mit der höchsten Emissionsrate (neben Methan). Tropische Bäume emittieren etwa 300 Megatonnen pro Jahr. Isoprene werden in der Atmosphäre durch die Reaktion mit Hydroxylradikalen und Ozon abgebaut, dabei entstehen Aldehyde, Peroxide und organische Nitrate, die sich in Tröpfchen lösen oder Partikel bilden können.

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Kühleffekte von Tropenwäldern