Lianen im Klimawandel

Was sind Lianen?

Es handelt sich um ein Sammelsurium verschiedener Pflanzenarten ohne stammesgeschichtliche Verwandtschaft, also kein Taxon, sondern ein Lebensformtyp, der in verschiedenen Taxa konvergent und in unterschiedlicher Ausprägung entstanden ist. In der Regel haben sie einen verholzten Stamm, wurzeln im Boden und an Bäumen bzw. klettern daran empor. Eine Betrachtung als Parasiten ist umstritten.

Evolutionär sind sie aus einer Rivalität zwischen unterschiedlichen Baumarten hervorgegangen. Viele Lianen stammen ursprünglich von Bäumen ab. Sie haben die puritanische Arbeit aufgegeben, massive Stämme zu entwickeln, und nutzen stattdessen die Stämme anderer Bäume, um sich in die Höhe zu winden. Die Verwandlung in einen »strukturellen Parasiten« ist sehr verbreitet und hat in einem Viertel aller Pflanzenfamilien stattgefunden. Manchmal wurden dabei Mitglieder der gleichen Familie gegeneinander ausgespielt.

Tatsächlich handelt es sich um eine echte Verwandlung, denn es geht um mehr als nur einen schlankeren Stamm. Da dieser bei einer Liane kein Gewicht tragen muss, kann die Holzstruktur eine andere Funktion optimieren: den Transport von Wasser von den Wurzeln zu den Blättern. Wenn man einen Lianenstamm durchtrennt, tritt in der Regel ein mit Punkten gesprenkelter Querschnitt zum Vorschein, der an das Innere einer Kiwifrucht erinnert. Bei diesen Punkten handelt es sich um Wasser führende Röhren – ein Leitsystem namens Xylem. Da die Leitungen viel breiter sind als die von Bäumen, fließt das darin aufsteigende Wasser mit weniger Reibung. Dadurch können Lianen ein viel größeres Volumen transportieren als Bäume, was ihnen eine deutlich schnellere Fotosynthese und ein rascheres Wachstum ermöglicht.

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Im Zusammenhang mit dem Klimawandel scheint das ausgeglichene Verhältnis zwischen Bäumen und Lianen zum Nachteil der Bäume zu kippen. Das wirkt sich negativ auf die Kohlenstoff-Speicherkapazität der Tropenwälder aus und schadet dem Klima zusätzlich.

Anmerkung vorweg: Ich möchte nicht, dass die Lianen hier in die Rolle der “Schurken des Regenwaldes” gedrängt werden, wie dieser Artikel möglicherweise einseitig vermittelt. Schließlich sind sie ja nicht für den ursächlichen Klimawandel verantwortlich und ihre Beziehungen mit Bäumen waren bislang ausgeglichen.

Lianen wirken wie Fußnoten des Waldes – dürre Schwächlinge, die von den dickstämmigen Bäumen um sie herum dominiert werden. Bis Mitte der 1990er Jahre interessierte sich niemand für Lianen. Man stolperte über sie und schnitt sie mit der Machete ab.Betrachtet man das Ganze jedoch von oben, sind es die Lianen, die den Regenwald dominieren. Eine einzige Schlinge kann sich über Dutzende von Bäumen ausbreiten und ihre Blätter wie einen Sonnenschirm über andere Pflanzen aufspannen, die langsamer wachsen. Im Wettlauf um das kostbare Licht überholten Lianen die Bäume buchstäblich. Sie haben eine Guerillataktik.

Wissenschaftler betrachten die Tropenwälder als wichtige Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel, da sie Milliarden Tonnen anthropogenes CO2 aufnehmen und speichern können. Doch steigende CO2-Werte und Temperaturen führen bereits dazu, dass die Regenwaldbäume immer früher absterben. Und Lianen könnten das Problem noch verschärfen. Sie haben in diesem Zusammenhang einen stark negativen Effekt, denn sie hindern die Bäume letztendlich daran, Kohlenstoff aufzunehmen und verringern dadurch ihr Wachstum. Und sie können Bäume verfrüht zum Einstürzen bringen.

Wissenschaftler vermuten seit Langem, dass menschengemachte Umweltveränderungen die Ausbreitung von Lianen fördern. Womöglich unterstützen steigende CO2-Werte oder atmosphärische Ablagerungen von Stickstoff und Phosphor ihr Wachstum. Der genaue Mechanismus ist jedoch seit der Entdeckung vor 20 Jahren rätselhaft. Es stand sogar die Frage im Raum, ob das verwirrende Ergebnis auf Verzerrungen in den Lianen-Studien basieren könnte. Heutzutage deuten jedoch immer mehr Indizien darauf hin, dass die Ausbreitung der Lianen nicht nur ein Symptom sich verändernder Tropenwälder durch den Klimawandel ist, sondern zunehmend sogar eine Ursache für Letzteren.

Lianenbefall ist ansteckend

Über ein Jahrhundert lang haben die Forscher Lianen weitgehend ignoriert. Doch in den letzten Jahrzehnten wurde erkannt, dass Lianen einflussreiche Bestandteile des Waldökosystems sind und es als Ressourcenräuber sogar zerstören können. Lianen-Befall ist gewissermaßen ansteckend. Sobald es einem Exemplar gelingt, einen Baum zu erklimmen, schickt es Triebe aus, um benachbarte Bäume zu kapern. Diese »Infektion« kann sich erstaunlich weit ausbreiten. Eine Liane aus der Entada-Familie mit spiralförmigen, meterlangen Schoten kann sich über die Kronen von 49 Bäumen erstrecken.

Und die Bäume versuchen offenbar, sich gegen den Befall zu wehren. Einige lassen Blätter und Äste fallen, damit die Ranken auf den Boden stürzen. Manche Palmen entwickeln gezackte Schwertblätter, die junge Lianen durchtrennen können. Die unterschiedliche Biegsamkeit benachbarter Baumkronen bei Windeinwirkung könnte auch als Abwehrmechanismus gegen Liana-Bewuchs betrachtet werden. Manche Palmenarten sind z.B. sehr elastisch, die sich bei passendem Wind so sehr bewegen, dass Lianentriebe dabei durchtrennt werden. Diese Bäume können durch ihre Bewegungen nicht nur Lianen separieren, sondern auch Äste von benachbarten Bäumen abreißen. Auf diese Weise entsteht eine Pufferzone, die es Lianen künftig schwerer machen wird, ihn zu erreichen.

Wenn Bäume durch Lianen aneinandergekettet sind, kann ein einzelnes fallendes Exemplar auch die anderen mit in den Abgrund reißen. Die Lianen wiederum nutzen die Situation und wachsen mit Hilfe des intensiven Sonnenlichts zügig über die neu entstandene Lichtung. Denn die Ranken gedeihen überall dort prächtig, wo viel Sonnenlicht hinkommt – sei es im oberen Bereich der Baumkronen oder auf einer Lichtung am Boden.

Wälder erneuern sich immer schneller

Wissenschaftliche Untersuchungen gingen bisher davon aus, dass die ökologischen Kämpfe in Wäldern, die wenig direkten Kontakt zur Industriegesellschaft hatten, im Gleichgewicht seien. Nähmen Lianen an einer Stelle überhand, dann glichen Bäume dies aus, indem sie an anderer Stelle dominanter würden. Doch es bestehen Zweifel an dieser Sichtweise aufgrund einer langwährenden Frage der Ökologie: Haben Wälder, die sich schneller erneuern – also schneller wachsen, sterben und alte Bäume ersetzen – auch eine größere Artenvielfalt als solche, bei denen die Prozesse langsamer ablaufen?

Langzeitbeobachtungen zeigen, dass die Geschwindigkeit des Baumwechsels in den letzten 100 Jahren zugenommen hat unddass Lianen die Baumsterblichkeit beschleunigen können. Bis in die 1960er Jahre starb jedes Jahr etwa ein Prozent der Bäume in einem bestimmten Gebiet und wurde durch Jungbäume ersetzt. In den späten 1980er Jahren jedoch hatte sich die Rate auf fast zwei Prozent verdoppelt. Die Daten scheinen eine globale Veränderung zu beschreiben.

Vielleicht führte die steigende Konzentration von CO2 – der Stoff, der den Bäumen die Bausteine liefert, aus denen sie mittels Fotosynthese Kohlenhydrate bilden – dazu, dass sie schneller wachsen und früher sterben. Oder die vom Klimawandel verursachten steigenden Temperaturen und die daraus resultierenden Dürreperioden brachten die Bäume früher um. Oder stärkere Stürme rissen mehr Bäume mit sich. Ungeachtet der Ursache kommt es also zu einer Zunahme der Lianen, welche die Baumsterblichkeit beschleunigen können. Zudem wachsen Lianen mit einer rasanten Geschwindigkeit von ein bis fünf Prozent pro Jahr. Innerhalb von 20 Jahren hatte sich ihre Anzahl somit fast verdoppelt.

Bislang galt die Regel, dass durch das Umfallen von Bäumen Lücken in tropischen Wäldern entstehen, die der biologischen Vielfalt zugutekommen, weil in dem frei gewordenen Platz schnell wachsende Pionierbaumarten Wurzeln schlagen können. Durch einen Prozess, der als Sukzession bezeichnet wird, weichen diese Pioniere schließlich langsam wachsenden Arten, die den Großteil des Waldes ausmachen. Doch Neuerdings zeigt sich, dass in diesen sonnigen Lichtungen häufiger Lianen gedeihen und die Pionierbäume dadurch verdrängen können, indem sie sie beschatten und ihr Wachstum bremsen. Lücken, die sich normalerweise innerhalb von 5 bis 10 Jahren schlossen, blieben oft 25 Jahre lang oder länger spärlich bewachsen. Die Lianen halten in solchen gestörten Gebieten die Sukzession auf.

Lianen speichern weniger Kohlenstoff als Bäume

Die Auswirkungen der Lianen in den letzten Jahrzehnten auf die Wälder werden immer deutlicher. Überwucherte Bäume wachsen langsamer und nehmen weniger CO2 auf, vor allem weil die Reben das Sonnenlicht blockieren. Man schätzt, dass die Bäume wegen der Lianen auf einem einzigen Hektar pro Jahr etwa 9000 kg CO2 weniger absorbieren. Die Biomasse der Lianen selbst kompensiert lediglich 29 Prozent dieser verlorenen CO2-Speicherung durch die Bäume. Das liegt daran, dass Lianen Kohlenstoff viel schlechter binden als Bäume. Betracht man den gesamten Wald, führen Lianen zu einer Verschiebung hin zu mehr Kohlenstoff in den Blättern und weniger Kohlenstoff in den Stämmen. Und während holzige Stämme Kohlenstoff für viele Jahrzehnte speichern können, fallen Blätter zu Boden, verrotten und geben den Kohlenstoff innerhalb weniger Monate wieder an die Atmosphäre ab.

Um zu überprüfen, ob die Fähigkeit des Waldes, CO2 zu absorbieren und zu speichern, tatsächlich sinkt, wurden in verschiedenen Waldstücken mit Macheten und Astscheren die Lianen entfernt. Anschließend erfasste man das Wachstum und das Absterben von Bäumen in Gebieten mit und ohne Lianen. Selbst wenn man die Biomasse der Lianen hinzurechnet, verringern die Ranken die CO2-Aufnahme der Wälder um insgesamt 76 Prozent – das sind etwa 8920 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Die Daten sind also eindeutig, aber die Ursachen für die Ausbreitung der Lianen lassen sich weiterhin nur schwer ergründen. Ein höherer CO2-Gehalt fördert das Wachstum von Lianen und Baumsämlingen gleichermaßen. Gleiches gilt für Nährstoffe, die durch die Luftverschmutzung durch fossile Brennstoffe eingetragen werden. Offensichtlich müssen die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Bäume im Detail verstanden werden, um sich einer Erklärung anzunähern. Dazu muss die Fotosyntheserate von Blättern bestimmt werden.

Während der Fotosynthese absorbieren Blätter CO2 durch winzige Öffnungen an ihrer Unterseite, Stomata genannt nach dem griechischen Wort für Münder, weil sie kleinen Lippen ähneln. Während die Spaltöffnungen eines Blatts geöffnet sind, verdunstet eine riesige Menge Wasser. Für jedes CO2-Molekül, das gebunden wird, gehen 300 Wassermoleküle verloren. Auf diese Weise kann ein einzelner großer Baum pro Jahr etwa 150 000 Liter Wasser ausatmen.

Mit steigender Temperatur nimmt auch die Verdunstungsrate zu. An einem bestimmten Punkt schließt das Blatt seine Spaltöffnungen und hält sozusagen den Atem an. Dadurch wird der Wasserverlust gestoppt, aber auch die Fotosynthese unterbrochen, da das Blatt kein CO2 mehr einatmen kann. Blätter stellen die Fotosynthese regelmäßig während der wärmsten Stunden des Tages ein. Steigende Temperaturen zwingen sie also möglicherweise dazu, dies häufiger und länger zu tun, wodurch die Bäume schlechter mit Nahrung versorgt werden. Viele tropische Bäume arbeiten bereits am Rande ihrer Höchsttemperatur. Je heißer es wird, desto weniger effizient sind sie, und das führt zu einem langsameren Wachstum. Amazonien hat sich seit 1950 um 0,9 Grad Celsius erwärmt, und bis zum Jahr 2100 wird eine zusätzliche Erwärmung um ein bis vier Grad Celsius prognostiziert – je nachdem, wie viele Treibhausgase die Menschen ausstoßen.

Bäume sind belastet, Lianen profitieren

Selbst wenn also der steigende CO2-Gehalt zu einem schnelleren Wachstum der Wälder führt, könnten die steigenden Temperaturen die wachstumsfördernde Wirkung des CO2 schließlich aufheben und umkehren. In der Zwischenzeit belasten die veränderten Niederschläge bereits den Amazonas-Regenwald. Die viermonatige Trockenzeit hat sich seit 1980 um etwa 20 Tage verlängert, und in den Jahren 2005, 2010 und 2015/16 kam es in der Region zu großen Dürren im Zusammenhang mit Hitzewellen, denen Milliarden von Bäumen zum Opfer fielen.

Dieser Zusammenhang zwischen Trockenheit und Hitze könnte den Lianen einen weiteren Schub geben, da die Bäume schon jetzt schwächeln und in Zukunft vielleicht noch mehr. Lianen im Amazonasgebiet kommen in Gegenden mit längeren und niederschlagsärmeren Trockenzeiten häufiger vor. Während der viermonatigen Trockenzeit wachsen Lianen etwa drei- bis viermal so schnell wie Bäume. In feuchten Zeiten gedeihen sie hingegen ähnlich schnell. Diese Unterschiede traten vor allem während der ungewöhnlich heißen und trockenen El-Niño-Dürren 2015 und 2016 zu Tage, als die Bäume ihr Wachstum vollständig einstellten, die Lianen jedoch weiterhin mit normaler Geschwindigkeit wuchsen. Wenn das alle fünf bis sieben Jahre passiert, also immer dann, wenn es einen El Niño gibt, dann haben Lianen einen großen Vorteil.

Andere Fähigkeiten der Lianen könnten diesen Vorteil noch verstärken: Würden die Wälder immer trockener, wie prognostiziert, verbessert sich die Leistung der Lianen. Wie die Stämme sind dann zwar auch die Lianenblätter dünner als die der Bäume, was sie gewissermaßen »billiger« in der Herstellung und »leichter ersetzbar« macht. Wenn ein Lianenblatt in den Schatten gerät, wirft die Liane es einfach ab und tauscht es durch ein neues aus, irgendwo im Sonnenlicht. Da Lianen »billigere Blätter« herstellen, können sie flexibler auf die Jahreszeiten reagieren.

An vielen Orten in den Tropen werfen Lianen und Bäume während der Trockenzeit üblicherweise ihre Blätter ab. Sobald es wieder regnet, wachsen die Blätter der Lianen bereits einen Monat früher als die der Bäume nach. Daher können Lianen also nicht nur schneller Wasser aufnehmen als Bäume, sie sind auch im Kampf um das Sonnenlicht effizienter als diese. In Wäldern mit stärkeren Trockenperioden machen sie weniger als 5 Prozent der Stammbiomasse aus, produzieren aber 15 bis 40 Prozent der Blattmasse. Der Klimawandel könnte diesen Vorteil noch verstärken, zu Ungunsten des Baumwachstums.

Wälder speichern immer weniger Kohlenstoff

Nachdem festgestellt wurde, dass sich Wälder schneller erneuern, wurde das »intime« Leben der Bäume studiert, als wären sie menschliche Probanden in einer medizinischen Langzeitstudie. Aufgrund von Stammumfang-Messungen eines jeden Baums wird die Gesamtmasse von Stamm, Ästen und Blättern abgeschätzt. Daraus kann errechnet werden, wie viel Kohlenstoff der einzelne Baum und letztlich der gesamte umliegende Wald während des Wachstums gebunden hat. Die daraus gewonnenen Daten führten zu einer wichtigen Erkenntnis: Die Fähigkeit des Amazonaswaldes, CO2 zu speichern, nimmt allmählich ab: Die Netto-CO2-Menge, die der Amazonas speichert, hat in den 1990er Jahren mit rund zwei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr ihren Höhepunkt erreicht. In den 2000er Jahren war die gespeicherte Menge um fast 30 Prozent geschrumpft.

Hauptgrund dafür ist die zunehmende Fluktuation der Bäume. In einen reifen Wald lassen sich wahrscheinlich eine Zeit lang noch mehr Bäume “reinpacken”. Aber früher oder später wird die Sterblichkeitsrate ansteigen. Bäume, die schneller wachsen und schon in einem früheren Alter größer werden, sterben auch früher. Hohe Bäume leiden stärker unter der Trockenheit, weil es für sie schwieriger ist, das Wasser bis zu den Blättern zu saugen. Die Stämme schnell wachsender Bäume sind in der Regel weniger dicht, was das Risiko erhöht, dass sie vom Wind umgepustet oder benachbarte umstürzende Bäume entwurzelt werden. Und da die steigenden Temperaturen in Zukunft die Fotosynthese zunehmend beeinträchtigen, könnte dies auch die Sterblichkeitsrate erhöhen. Die abgestorbenen Bäume wiederum zersetzen sich und geben ihren Kohlenstoff wieder in die Luft ab.

Die Dominanz der Lianen könnte weltweit zunehmen

Am beunruhigendsten ist vielleicht, dass sich dieses Muster der verringerten CO2-Speicherkapazität ausbreitet. So zeigen auch die afrikanischen Tropenwälder erste Anzeichen dafür. Die Menge, die sie gespeichert haben, hat etwa um das Jahr 2010 ihren Höhepunkt erreicht und geht nun zurück. Bis 2040 könnten die afrikanischen Wälder rund 50 Prozent ihrer jährlichen CO2-Aufnahmefähigkeit einbüßen. Vermutet und prognostiziert wird auch, dass der Amazonas von einer Kohlenstoffsenke zur Kohlenstoffquelle übergehen könnte, also netto CO2 emittieren statt zu absorbieren.

Da die Erwärmung und der Baumumsatz weiter zunehmen, werden sich Lianen auch in den afrikanischen Wäldern weiter vermehren können. Dort beträgt der Anstieg des Lianenbestands bereits etwa 29 Prozent und in der Landschaft ein auffälliges Muster erkennbar: Fast alle neuen Lianen sind dort gewachsen, wo ein umgestürzter Baum ein Loch in das Blätterdach gerissen hat. Auf dieser Insel des Sonnenlichts konnten die abgestürzten Lianen wieder Wurzeln schlagen und an dutzenden Stämmen benachbarter Bäume emporwachsen. Mit anderen Worten: Ein erhöhter Umsatz der Bäume resultiert darin, dass Lianen sich vermehren. Ebenso ist die Möglichkeit gegeben, dass die Ranken auch von längeren Trockenzeiten profitieren.

Es mag verlockend sein, Lianen nur als passive Nutznießer des erhöhten Baumumsatzes zu betrachten, aber sie spielen auch eine aktive Rolle: Sie töten die Bäume ab und nutzen dann die Lücken, die die Bäume hinterlassen. Indem sie diese Freiflächen überwuchern, verhindern sie, dass Bäume nachwachsen. Und je mehr Lücken im Wald gerissen werden, desto eher könnte sich eine positive Rückkopplung einstellen. Mit Lianen bewachsene Stellen könnten zum Landepunkt werden, von denen sich Horden schnell wachsender Lianen ihren Weg in noch nicht so stark befallene Waldgebiete bahnen.

Regenwälder retten und erhalten

Ein kollektives Versagen!