Pflanzenvielfalt im Regenwald

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Intakte tropische Regenwälder weisen mit bis zu 89 verschiedenen Pflanzenarten pro Quadratmeter (bzw. bis zu 942 Arten pro Hektar) eine unvorstellbare Vielfalt auf, und das zur Freude von Botanikern oder entsprechend Interessierten. Manchmal kam es mir so vor, ich befände mich in einem Botanischen Garten. Ständig war meine Aufmerksamkeit mit unbekannten Entdeckungen neu gefordert. Auch allseits bekannte Zimmerpflanzen kommen an ihren Original-Standorten wesentlich besser zur Geltung.

Selbstverständlich prägen die Bäume dominant wie sonst keine andere Wuchsform den tropischen Regenwald und bilden seine Lebensgrundlage. Daher gibt es dazu ➔ HIER eine Extra-Rubrik.

Kleinwüchsige Pflanzen haben in Bodennähe ganz offensichtlich einen schweren Stand, da zu wenig Sonnenlicht bis dort hingelangt. Entsprechend karg wirkt der Bewuchs am Boden zwischen den Baumstämmen. Sobald sich jedoch Lücken im Baumkronendach auftun, ergibt sich ein völlig anderes Kontrastbild.

An das Halbdunkel am Boden haben sich einige wenige Pflanzenarten angepasst, die sich von Abbauprodukten des verrottenden Laubes ernähren und so von den photosynthetischen Leistungen anderer Pflanzen profitieren. Aber es gibt auch Schwachlicht-Spezialisten, die sogar hier Photosynthese betreiben können - Farne z.B., die extrem langsam wachsen. Oder die Palme Chamaedorea metallica, die blau irisierende Blätter besitzt. Dank dieser Blattfarbe kann sie exakt jenen Teil des Lichts nutzen, der in Bodennähe ankommt.

Manche Blütenpflanzen ranken auf dem Boden und bedecken große Flächen. Blüten oder gar Früchte entwickeln sie nur, wenn sie Licht finden. Baumsämlinge, die zu Boden fallen, ruhen so lange, bis eines Tages ein Baum umfällt und eine Lichtung in das geschlossene Kronendach reißt. Erst dann beginnen sie zu keimen. Heliconia zum Beispiel ist solch eine “Pionier-Pflanze”, wird bis zu 10 m hoch und wächst in Schneisen, die umstürzende Bäume in den Wald schlagen. Nur dort findet sie, was rar ist im verschatteten Wald: Licht

Ein weiteres, in Regenwäldern sehr präsentes Prinzip zur Abhilfe bei Lichtmangel ist die Ansiedlung und der Bewuchs von Flächen auf Ästen und an Baumstämmen, was den Baum in keinster Weise stört. Dazu gibt es hier eine Extra-Rubrik ➔ Epiphyten.

Anthurium-Art, Araceae, wie sie u.a. hier in Kolumbien natürlich vorkommt. Vermutlich eine von etwa 1000, in den amerikanischen Tropen und Subtropen existierenden Arten, auch als Flamingoblumen oder Anthurien in Züchterkreisen bekannt.

Fruchtstand der Wildform von Sterculia coccinea, Sterculiaceae, Insel Borneo. Die strahlend orangeroten, duftenden Blüten und Früchte bilden sich am Ende der Zweige. Bei Reife zerfallen sie in Teilfrüchte, welche dann die schwarzen Samen freigeben.

Schillernde Farn-Art, Danaea simplicifolia, Guyana

Heliconia schumanniana, Heliconiaceae, Ecuador

Heliconia venusta, Heliconiaceae, Kolumbien

Gurania-Art, Cucurbitaceae, Panama

Chamaedorea metallica, Arecaceae, Honduras

Palicourea tomentosa, Rubiaceae, Guyana

Paradrymonia ciliosa, Gesneriaceae, Ecuador

Cecropia insignis, Urticaceae mit Faultier, Guyana

Riesenseerose, Essequibo River, Guyana


Heuschnupfen im Regenwald?

Übrigens, der Grund dafür, warum im Regenwald niemand an Heuschnupfen leiden muss, ist, weil kaum Pollen herumfliegen. Denn die einzelnen Exemplare einer Pflanzenart stehen oft so weit voneinander entfernt, dass eine Windbestäubung nicht sehr erfolgreich wäre. Also haben die Regenwaldpflanzen andere Methoden zur Sicherung der Fortpflanzung gefunden. Viele haben große Blüten in schreienden Farben entwickelt, attraktive Düfte und süßen Nektar, um Tiere anzulocken, die im Gegenzug Pollen mitnehmen und verbreiten: Insekten am häufigsten, aber auch Vögel, Fledermäuse und andere kleine Säuger. In jahrmillionenlanger Koevolution haben sich Pflanzen und Bestäuber oft perfekt aneinander angepasst.

Früchte

Ebenso Interessant der Grund, weshalb im Regenwald die Früchte der Pflanzen so auffällig sind. Früchte umschließen bekanntlich die befruchteten Samen bis zur Reifung und dienen dann nur noch einem Zweck: deren Verbreitung zu fördern. Im gemäßigten Klima packt der überwiegende Teil der Samenpflanzen seine genetische Zukunft in leichte, trockene Früchte. Kapseln, Schoten oder Hülsen, die sich irgendwann öffnen und den Samen in den Wind streuen. Im Regenwald dagegen bilden die meisten Samenpflanzenarten, namentlich Bäume, essbare Früchte aus: Nüsse, Beeren und andere saftige Gebilde mit nahrhaftem Fleisch. Knallige Farben und intensive Gerüche verheißen begehrte Energielieferanten wie Zucker und Stärke, die Pflanzen ohne großen Aufwand herstellen können. Die Produktion von Eiweißen, Fetten und Vitaminen für die Samen verlangt der Pflanze hingegen viel Energie ab. Damit sich der ganze Aufwand lohnt, damit also möglichst viele keimfähige Samen überleben, muss die Pflanze diese davor schützen, zerkaut oder von Verdauungssäften aufgelöst zu werden. Die Samen sind deshalb oft von einer harten Schale umhüllt, die Tiere sofort ausspucken oder mit ihrem Kot ausscheiden.