Das Ökosystem Mangrove

Mangroven

Mangrovenbäume und -wälder wachsen nur an Küsten mit tropischem Klima im Gezeitenbereich und Wassertemperaturen über 20 °C. Damit geht ihr Verbreitungsgebiet über das der tropischen Regenwälder hinaus bis zu den “Subtropen”.

Die etwa 70 bekannten Mangrovenarten variieren je nach Kontinent. Von West nach Ost betrachtet, sind die Küsten Amerikas und Westafrikas mit etwa acht Baumarten relativ artenarm. Die Küsten Ostafrikas, Madagaskars, Indiens und Südostasiens besiedeln über 50 Baumarten.

Die Besondere und damit größte Leistung von Mangroven ist die Stoffwechsel-Anpassung an das salzige Wasser, was der Pflanze viel Energie abverlangt und zu Lasten der Wuchshöhe geht. Daher erreichen Mangrovenwälder oft nur Höhen von durchschnittlich weniger als 5 Metern. Unter optimalen Bedingungen können auch Wuchshöhen von weit über 20 Metern mit dicken Stämmen erreicht werden.

Nicht unerwähnt soll auch der wichtige Aspekt der Schutzwirkung gegen Küstenerosion bleiben. Ebenso wird die zerstörerische Wirkung von Sturmfluten erheblich abgemildert.

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Einheit von Regenwald und Ozean

Die Artenfülle in Regenwäldern ist das Resultat einer immer subtileren Anpassung an die jeweiligen Bedingungen, einer unablässigen evolutionären Auseinandersetzung zwischen Pflanzen und Tieren im Zusammenwirken mit der wechselvollen Klimageschichte über Jahrmillionen. Auch an der Grenze zum Ozean macht diese Anpassung nicht halt:

Mangroven sind ein interaktives System, das vom Austausch zwischen Regenwald und Ozean lebt. Es vermag das gesamte Ökosystem unablässig zu vergrößern. Sie haben sich an den tropischen Meeresküsten die Zone zwischen den Lianen tiefsten und höchsten Wasserstandes als Lebensraum erschlossen. Diese Ausläufer der Regenwälder nennt man auch “Gezeitenwälder”. Und nirgendwo auf der Erde haben diese sich üppiger entwickelt als an den flachen Küsten Sumatras und Borneos. Auf Borneo bilden aufeinander folgende Mangroven-Zonen mitunter einen 20 bis 30 Kilometer breiten Gürtel, genährt von den Ablagerungen der Flüsse, die rundum die gebirgige Insel entwässern.

Bei Ebbe stapfte ich über den Schlick, kämpfte mich durch das Gewirr bizarr geformter Wurzeln, in der Hoffnung, einen der hier heimischen scheuen Nasenaffen zu Gesicht zu bekommen. Millionen farbenprächtiger Krabben wimmelten über den schlammigen Boden; ein großer Wasserwaran floh vor mir in das Wurzeldickicht. An den Ästen der Rhizophora-Mangroven hingen dicke, kugelförmige Früchte, die unten eine etwa 50 cm lange speerförmige Wurzel ausgebildet hatten. Stieß ich dagegen, fielen sie herab und bohrten sich in den Schlick. Auf diese Weise pflanzen sich diese Mangroven selber aus.

Das vielarmige Stelz- und Atemwurzelwerk fungiert als Fänger des mit den Flüssen herabgespülten Erdreichs. Sobald die Wurzeln Fuß gefasst haben, beginnt es sich zwischen ihnen zu sammeln. Allmählich wächst neues Land, aus dem Watt wird fester Boden, während sich weit draußen im Wattenmeer Pionierarten immer weiter vorwagen. Die Mangroven verhindern, dass Meeresströmungen das herbeitransportierte Verwitterungsmaterial wegschwemmen - und sorgen dafür, dass sich abtragende Borneo ständig in die Breite wächst.

Mit den Festland-Regenwäldern dieser Insel sind die Mangroven auf vielfältige Weise vernetzt. Die ebenso schmackhafte wie nahrhafte Regenwaldfrucht Durian (Durio zibethinus) ist dafür ein Beispiel. Eine einzige Nektar schlürfende Fledermaus-Art, nämlich Eonycteris spelaea, besorgt die Bestäubung der Durianblüten. Da diese Pflanze aber nur in Abständen von Jahren blühen und fruchten (unter natürliche Bedingungen), sind die Fledermäuse auch auf andere Blütenbäume als Nektar-Lieferanten angewiesen, und da nutzen sie insbesondere den Mangrovenbaum Sonneratia alba.

Reichlich Mangroven in der Korido-Bucht der Insel Biak, Ost-Indonesien ➔ 0°49'38.2"S 135°33'44.3"E

Die Mangrovenwälder mit ihrem Wurzelgeflecht und ihrer reichen Fruchtproduktion bieten unzähligen Meeres- und Landtieren Nahrung und Lebensraum. Führt die Flut ihre Feinde herbei, fliehen Schlammspringer genannte Fische über die Stelzwurzeln bis in die Kronen der Mangroven. Und sie ersticken dort nicht, weil sie in ihrer Mundhöhle Meerwasser mit sich führen, dessen Sauerstoff sie häufig auffrischen.

Diese Gezeitenwälder dienen vielen Fisch- und Krabbenarten als Laichplätze oder Kinderstuben. Etwa 80 % aller kommerziell wichtigen Meerestiere vor den Küsten von Sabah sind auf solche amphibischen Biotope angewiesen. Somit sind die Regenwälder Borneos nicht nur durch den Wasserkreislauf mit dem Ozean verbunden, sondern auch über ihre Pflanzenmasse. Und diese interaktive Wald-Ozeansystem ist für mich einer der eindrucksvollsten Beweise dafür, dass es sich bei unserem Planeten um einen einzigartigen hochkomplex vernetzten Organismus handelt.

Die Mangrovenwälder werden zwar relativ konsequent geschützt. Doch ob diese amphibische Pflanzenwelt zwischen Festland und Ozean überlebt, ist fraglich. Denn sie muss mit den enorm gewachsenen Sedimenteinträgen der Flüsse fertig werden, den Folgen der erhöhten Erosion nach Abholzung der Regenwälder. Die den Mangroven vorgelagerten Korallenriffe sind bereits weitgehend daran erstickt.

Blütenstand und Knospe des Mangrovenbaumes Sonneratia alba, Borneo

Essbare Früchte von Sonneratia caseolaris auch als "Mangrovenapfel" bekannt

Bizarr wirkende Atemwurzeln (Pneumatophore) von Sonneratia alba bei Ebbe, Borneo

Mangroven-Wald bei Ebbe an der Nordost-Küste von Borneo

Mangroven-Wald in einer Bucht auf der Ostseite der Insel Isla Bastimentos (Panama)

Mündung eines kleinen Flusses mit Land-Zugangsmöglichkeit, Mayalibitbucht, Waigeo

Ausgedehnte Mangrovenwälder in der Mayalibitbucht, Waigeo, Ost-Indonesien